Hummeressen im Jemen
Philips ganz persönliche Erfahrungen
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Der Westen Salalahs in Richtung Jemen war für mich schon immer die schönste Region Omans. Und ich wollte stets noch dieses eine Stückchen weiter fahren – so wie ich in der Wüste immer noch diese eine Düne weitergegangen bin, um zu schauen, was sich dahinter verbirgt.
Schon die Grenzübergänge lassen erahnen, was hinter dem Vorhang wartet, den ich schon so lange aufziehen will: eine Zeitreise.
Hinter der modernen Grenze Omans enden die asphaltierten Straßen abrupt – und nur wenige Hundert Meter weiter steht ein kleines, provisorisches Häuschen, über dem eine jemenitische Fahne im Wind flattert.
„Welcome, welcome!“ werden wir begrüßt. Alle lachen, alle sind herzlich und neugierig. Sehr lange hat man hier keinen Touristen mehr gesehen.
Auf der anderen Seite wartet Osman, der stellvertretende Tourismusminister, der vor Freude strahlt und mich drückt, als hätten wir uns seit Jahren nicht gesehen – dabei ist es das erste Mal.
Ich bekomme Gänsehaut. Keine zwei Minuten, und ich verstehe, warum alle sagen: Im Jemen schlägt das Herz arabischer Gastfreundschaft.
Die Begegnung mit Osman hätte mir schon gereicht, um zufrieden zurückzufahren – aber jetzt wollte ich alles kennenlernen. Ich habe diese Aufregung, dieses Kribbeln so sehr vermisst. Oman ist meine zweite Heimat, und ich versuche mich an all den schönen Tagen in Wüsten und Bergen immer wieder „neu zu kalibrieren“ – wie die Nase an Kaffeebohnen im Parfümladen – damit das Schöne nicht „normal“ wird.
Heute fühlt sich das Kribbeln anders an. Wie ein erstes Date, nach unzähligen Nachrichten, Nächten voller Kopfkino und Sehnsüchten – endlich wird aus Vorstellung Wirklichkeit.
Plötzlich bekommt die eher romantische Vorstellung zum Tag einen kleinen Knick, als unser Begleiter und Helfer für den Tag, der mich an Johnny Depp erinnert, mit einem AK Maschinengewehr aus dem Auto steigt. Was im ersten Moment befremdlich wirkt, fügt sich mit der Zeit erstaunlich selbstverständlich ins Bild.
„Waffen gehören zum Alltag. Hier im Osten müssen wir sie in der Regel nicht benutzen, aber wir brauchen sie, um zu zeigen, dass wir das Einzige verteidigen können, was wir haben: unsere Familie und unsere Tiere.“
Wir fahren durch das Fischerdorf Hawf. Ich bin völlig überfordert – im besten Sinne. Alles ist aufregend, überall sticht etwas heraus:
Die alte Bauweise der Häuschen. Die Autos ohne Kennzeichen. Selbst die Tankstelle fasziniert mich. Ein Mann, der mit einem frisch gefangenen Fisch in der Hand die Straße überquert. Zwei junge Frauen, deren Blick mich durch das Autofenster trifft – sie bitten um Geld.
Rechts die grünen Berge, links die Meeresstraße mit kleinen Fischerbooten – es ist wunderschön hier. Eine Palästina Flagge mit lachendem und eine jemenitische Flagge mit weinendem Smiley auf ein abgerocktes Gebäude gesprüht. Und da ist ein Lamm auf unserem Pickup, warum eigentlich? Besser nicht nachfragen.
Ich frage schließlich doch, warum es dabei ist.
„Better don’t get too attached to our friend – he is our lunch for today.“
Alles ist heruntergekommen und versprüht gleichzeitig einen absurden Charme, eine schwer in Worte zu fassende Schönheit und Ästhetik. Ich will am liebsten alles fotografieren und jedes einzelne Bild zu Hause einrahmen.
Wir stoppen am Meer auf einem kleinen Felsvorsprung. Euphorisiert und emotional überfordert halte ich zwei Jungs im Wasser für Delfine – und alle lachen, als mir ein „wow, dolphins!“ rausrutscht.
Wir rufen einen der jungen Männer nach oben, der ohne Ausrüstung bei starkem Wellengang nach Hummern taucht. Er verkauft uns fünf Stück – für umgerechnet etwa vier Euro.
„Ich möchte 80 Cent für jeden Hummer, aber wenn du nur 50 Cent geben kannst, ist das für mich auch ok.“
Der Jemen war einmal reich, Zentrum des Weihrauchhandels.
Seit den Kolonialzeiten ist das Land gespalten und fremdbestimmt.
Jemen gehört allen – nur nicht den Jemeniten. In vielen Teilen des Landes herrscht Krieg. Hunderttausende Menschen haben in den vergangenen zehn Jahren ihr Leben verloren - unter ihnen unzählige Kinder.
„Ich weiß ehrlich gesagt gar nicht, wer hier was genau möchte in unserem Land. Saudi-Arabien, V.A.E, USA … ich habe hier niemanden davon gesehen. Ich kenne auch die Huthi im Norden nicht. In meinem Alltag hat das alles gar keinen Platz.“
Die Menschen sind hier arm – sehr arm. Seit Kriegen und Reisewarnungen gibt es keine Arbeit mehr, keine funktionierende Regierung, und selbst hier im sicheren, ruhigen Osten ist der Tourismus zum Stillstand gekommen – und damit jede Einkommensquelle.
„Die Menschen hier sind vergessen. Das letzte Mal, dass Hilfsgelder angekommen sind, war 2012. Das Durchschnittseinkommen liegt zwischen 25 und 250 Euro im Monat. Die Gehälter kommen oft verspätet oder gar nicht. Ich kann mir gegen Ende des Monats nicht einmal einen Sack Reis kaufen. Ihr seid die ersten Touristen, die ich hier begrüßen darf. Es ist schön, dass ihr da seid.“
Die Reise geht weiter auf Osmans Farm in den Bergen. Die Tiere haben hier Freilauf, Wasser und Futter – das ist der einzige Wert, den das Land für ihn derzeit hat. Was wie ein Pool aussieht, ist eine Tränke für die Kamele. Eins davon wälzt sich zufrieden im Schlamm und liegt dabei auf dem Rücken – ich habe schon viele Kamele gesehen, aber das noch nie. Es fühlt sich extrem wohl, genau wie mein Hund, wenn er sich im Gras rollt, denke ich mir.
Wir kämpfen uns im Schritttempo über den holprigen Weg nach oben. Dass unsere Reifen noch halten, grenzt an ein Wunder.
Ganz oben angekommen, kann ich mich an dem Blick über die Küste nicht sattsehen. Ich habe das Gefühl, wieder etwas zu tun, das für mich bleibt – nicht nur ein weiteres Reiseprodukt, das ich für andere entwickle.
Etwas übermotiviert will ich Khat probieren – diese grünen Blätter, die man hier kaut wie andere ihren Kaffee trinken. Wir haben es schließlich den ganzen Tag in der Kühlbox, und ich will wissen, wie es wirkt. Hier sagt man, Khat wirke so, wie es viele brauchen: Es betäubt.
„Aber lieber nicht vor dem Essen“, sagt Osman.
Denn es hat noch einen anderen, hier durchaus willkommenen Effekt: Es nimmt dir den Hunger.
„ Ca. 90 % der Bevölkerung kauen Khat. Nur so können die meisten funktionieren und ihr Leben ertragen – denken sie. Natürlich sind alle abhängig.“
Zum Mittagessen werden uns mit Geduld die besten Stücke Lamm zubereitet und serviert –
erst, nachdem wir zufrieden nicken, setzen sich die Gastgeber zu uns.
„Schon unser Vater hat immer alles in drei Portionen geteilt – selbst wenn es nur eine Kleine war. Eine für uns, eine für unsere erweiterte Familie, und eine wurde bis zum Abend für mögliche Gäste aufbewahrt. Vater selbst hatte meistens keinen Hunger.“
Wir dippen das Fleisch in Honig aus den Bergen. Als Osman merkt, wie sehr es uns schmeckt, schenkt er uns eine volle Flasche – es ist seine letzte. Die anderen hat er an die Grenzbeamten gegeben, die „etwas on top“ wollten.
Seine Stimme wurde an diesem Tag nur einmal ernster – als wir das Geschenk zunächst höflich ablehnen wollten.
„Ich bin einer von nur noch sieben Leuten, die hier an einem Seil gebunden, die steilen Klippen entlang Honig ernten. Oft werde ich dabei komplett zerstochen, und es ist sehr gefährlich. Aber so kann ich uns etwas dazuverdienen. Ich liebe das Klettern und fühle mich frei dabei.“
Das Lamm ist das wohl leckerste, und ganz sicher das einzige, das ich vorher persönlich kennengelernt habe.
Danach trinken wir Tee, und in dieser kleinen Pause zeigt mir Osman sein Gewehr. Er bietet mir an, in die Luft zu schießen. Ich zögere, habe Respekt – er merkt das sofort und nimmt es mir ohne Worte wieder ab.
Kurz darauf werden wir zurückgerufen: Der Hummer ist fertig.
Wir bieten als erste DMC in Oman von Salalah aus Tagestrips in den Jemen an. Wir erkunden dabei die Stadt Hawf nahe der Grenze zu Oman. Die Reisen und Sondervisa werden gemeinsam vom Ministry of Tourism Jemen organisiert und von unserem Director of Experiences Abdullah Musheiqi, der aus der Region stammt, sowie von unserem jemenitischen Guide und stellvertretenden Tourismusminister Osman begleitet.
Für uns bedeutet Reisewarnung: „Da fährt man besser nicht hin.“
Für die Menschen im Jemen bedeutet sie:
„Es kommt niemand.“
Sie geraten aus dem Blick. Alle reden über sie und kaum jemand spricht mit ihnen.
Die Menschen leben im Jetzt, wenn die Zukunft wenig Perspektive bietet. Diese Präsenz hat mich total gepackt. Jedes Gespräch war echt und eindringlich.
Mir ging bei jeder Begegnung im Herzen die Sonne auf und wenn unsere Besuche dazu beitragen, irgendetwas Positives für die Region und Menschen zu bewirken, dann ist das für mich eine sehr schöne Vorstellung.
Ich werde diesen Tag im Jemen nie vergessen und sobald es geht, wiederkommen.
Fotos: Luca Deiana
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